Bürgerbeteiligung á la entega

Es wird uns Bürgern immer wieder eingetrichtert: „Die Energiewende fordert Opferbereitschaft!“ Jeder Einzelne ist – von Politik und Energiewendgewinnlern – aufgerufen, „seinen Beitrag zu leisten„. Durch die EEG-Umlagen-finanzierte Subvention – welche zwischen 2007 bis 2017 um 570% gestiegen ist – wird jeder Bundesbürger gezwungen, seinen ganz eigenen finanziellen Beitrag dazu zu leisten.

Für die Windkraft werden den Bewohnern der umliegenden Landschaften noch ganz andere Opfer aufgebürdet: eine Lärm- und Schallbelästigung, die zu jeder Tag- und Nachtzeit auftreten kann, ein tiefgreifender Eingriff in das Landschaftsbild, die Rodung, Planierung und Industrialisierung großer Wald- und Wegeflächen, die tödliche Gefährdung der örtlichen Vogel- und Fledermauspopulationen oder der Wertverlust privater Immobilien, um einige zu nennen.

Damit die Bewohner zu solch drastischen Einschnitten bereit sind müssen die Profiteure der Energiewende einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Der Bürger muss „mitgenommen“ werden; er soll „beteiligt“ werden, wie es dann immer so schön heißt. Mit den richtigen Argumenten wird er schon bereit sein, diese Opfer auf sich zu nehmen. In Weinheim konnten wir schon einige dieser „Bürgerbeteiligungen“ erleben, die nichts anderes sind, als das Abhaken politisch vorgegebener Leitfäden, das Sammlen von Rückmeldungen, die dann in irgendwelchen Schubläden verschwinden!

In Wald-Michelbach baut die ENTEGA EGO Windpark Stillfüssel GmbH & Co. KG fünf 200m hohe Windindustrieanlagen. Mitten im Wald. Die Genehmigungen sind erteilt worden. Am Freitag, den 30.12.2016. Die Arbeiten laufen. Und wie sieht es mit der Bürgerbeteiligung während der Bauphase aus? Die Information derer, von denen erwartet wird, dass sie die oben genannten Opfer bringen, und dies auch noch unfreiwillig bezahlen müssen?

Seit einiger Zeit geht es hoch her am Stillfüssel: das Auffahren der Vollernter wurde von der hessischen Bereitschaftspolizei im Wald gegen friedliche Demonstranten geschützt; beim Anfahren der ersten Betonlaster wurde mit Staatsschutz, mehreren Mannschaftswagen und gepanzertem Wasserwerfer schon größeres Kaliber gegen ein paar handvoll friedlicher Demonstranten aufgefahren.

Das Besichtigen der Baustellen auf eigene Faust wird von der ENTEGA durch vielfache Verbotsschilder und Wegblockaden unterbunden; die örtliche Bürgerinitiative Gegenwind Siedelsbrunn warnt die Bevölkerung auf ihrer Webseite nach mehreren Zwischenfällen mit privaten und polizeilichen Sicherheitskräften eindringlich davor, sich den Baustellen oder der Zuwegung am Stillfüssel zu nähern.

Zu den Vereinszwecken des eingetragenen, gemeinnützigen Vereins Gegenwind Weinheim gehören laut Satzung unter anderem die Informationsbeschaffung und Informationsaufbereitung der komplexen Themen zur Energiewende, sowie die Information der Bevölkerung z.B. durch Internetauftritt oder Informationsveranstaltungen. Da in Weinheim ganz ähnliche Planungen auf dem Tisch liegen wie sie am Stillfüssel leider schon realisert werden, liegt es auf der Hand, dass der Verein die Entwicklungen in Wald-Michelbach mit größtem Interesse verfolgt und kritisch auf seinen Kommunikationskanälen kommentiert und auch weiterhin kommentieren möchte. Da es dem Verein durch die Restriktionen vor Ort am Stillfüssel nicht mehr möglich ist, die Arbeiten dort zu verfolgen und zu dokumentieren, wurde Ende September eine offizielle Anfrage bei der ENTEGA gestellt, im Rahmen einer Informationsveranstaltung am Stillfüssel den Mitgliedern und Unterstützern von Gegenwind Weinheim e.V. die Möglichkeit zu geben, sich vor Ort über die Eingriffe in die Natur und die Baumaßnahmen am Stillfüssel zu informieren und dies photodokumentarisch zu begleiten. Die Anfrage können ist hier einzusehen.

Wie ernst es dem Unternehmen mit der Beteiligung der Bürger ist, die zu ihrem Beitrag an der Energiewende gezwungen werden, zeigt sich im Antwortschreiben der ENTEGA: in einem lapidaren Dreizeiler wird die Anfrage abgelehnt! Als Begründung werden Sicherheitsbedenken wegen des regen Baustellenverkehrs und der derzeit anstehenden Hochbauarbeiten angeführt. Wenn es dem Unternehmen ernst wäre, es zu ihrem Energiewendekonzept stünde, dann würde sich bei einer der Anlagen mit Sicherheit an einem Wochenende eine Möglichkeit ergeben, eine sichere Führung zu veranstalten! Wovor hat man Angst bei ENTEGA? Will man den zahlenden Bürgern nicht die Wahrheit zumuten? Selbst der letzte Bürger wird in wenigen Wochen sowieso mitbekommen, dass die hübsche Werbungbroschüre, nach der ENTEGA „ganz leicht das Klima schützen“ will, doch nur Photoshop entsprungen ist!

Aber die Mitglieder des Vereins dürfen sich ja immerhin gerne nach Inbetriebnahme der Anlagen wieder melden. Bis dahin ist ja sicher schon „Gras über die Sache gewachsen“. Die gefällten Bäume fehlen dann gar nicht mehr so sehr, und die Gruben für die Massen an Beton sind wieder schön verdeckt. Wer weiß: vielleicht spielt Blasmusik und es gibt Bratwurst. Das macht den Anwohnern die Opfer für die Energiewende dann sicher erträglich… (Ironie aus)

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