Der Vorstand und die Mitgliederversammlung des gemeinnützigen Vereins BI Gegenwind-Weinheim e.V. beschließen am 27.März 2023 folgenden Aufruf an den Oberbürgermeister der Stadt Weinheim Herrn Manuel Just sowie alle Mitglieder des Gemeinderats:
Konsequente Sicherung des Fledermaus-Hotspots im Weinheimer-Lützelsachsener Fledermaus-Wald!
Wie begründen wir unseren Aufruf?
Wieso „Fledermauswald“?
Warum ist die das Vorgehen nicht mehr zeitgemäß?
Wie war der zeitliche Ablauf?
Das im Jahr 2013 für die Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes zugunsten einer Windvorrangzone unter großem Zeitdruck in Auftrag gegebene Artenschutzgutachten hatte erwiesenermaßen große Mängel. Für Fledermäuse sprach es nur allgemein von:
„In den FB 4-6 besitzen die Altholzbestände aufgrund des guten Quartierpotenzials für Fledermäuse ebenfalls ein hohes Konfliktpotenzial in Verbindung mit dem drohenden Verlust an Fortpflanzungs- und Ruhestätten…“ (PGNU Gutachten S.57)
Als gemeinnütziger Verein haben wir satzungsgemäß Artenschutz zum Ziel; damit sind unsere Untersuchungen vollkommen unabhängig von der Windindustrie:
- Schutz und Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft als lebensnotwendigen Frei- und Rückzugsraum für Mensch, Tier und Pflanze…
- Bewahrung der Vielfalt, Schönheit und Eigenart der Landschaft…
Deshalb fokussieren wir uns seither konsequent und mit viel Engagement auf den Nachweis von Fledermausarten und Quartieren. Bisher wusste man nur nebulös von „Potentialen“ im Bereich Geiersberg/ Goldkopf.
Die Suche ist aufwändig, schwierig und kostenintensiv. Deshalb können wir nur von einem Anfang und nicht schon vom Endergebnis sprechen. In den Jahren 2017 bis 2022 wurden vom anerkannten Fledermausexperten Dr. Andreas Arnold 14 von 20 der in Deutschland einheimischen Fledermausarten festgestellt. Drei davon gelten in Baden-Württemberg als „vom Aussterben bedroht“. Alle Arten sind nach Bundesnaturschutzrecht besonders und streng geschützt. Europäisches Recht schützt alle Fledermausarten inklusive ihrer Lebensstätten. Für vier der festgestellten Fledermausarten sind nach Natura 2000 Richtlinien sogar besondere Schutzgebiete auszuweisen! Die sehr anspruchsvolle Bechstein-Fledermaus wurde besonders untersucht. Durch Netzfang, Besenderung und Telemetrie konnten 11 Quartierbäume nur für diese Art gefunden werden.
Die Fortsetzung der Quartiersuche wurde uns im Sommer 2022 vom Regierungspräsidium Karlsruhe untersagt! Ein Schelm wer böses dabei denkt?
Alle bisherigen Ergebnisse liegen der Stadtverwaltung vor und wurden auch allen Mitgliedern des Gemeinderat zugesandt.
Trotzdem wurde im Februar und März 2023 durch die Forstbehörde ein massiver Holzeinschlag durchgeführt, dem ca. 150 mindestens 120 Jahre alte Bäume zum Opfer fielen. Ziel war, diesen Buchenbestand um 80% zu reduzieren! Bevorzugt in diesen alten Bäumen schafft der Schwarzspecht seine Bruthöhlen. Danach kommen Nachnutzer wie die Fledermausarten. Jetzt muss der Schwarzspecht mindestens 100 Jahre warten, bis das Baumangebot zum Höhlenbau wieder so groß ist wie vor dem Holzeinschlag. Das bedeutet 2123!
Die Stellungnahme des Kreisforstamtes, der sich die Stadt anschließt (WN vom 29.03.2023) spricht von „…vollen Vertrauen in die forstfachliche Expertise…“ und davon, die „…überschirmenden Buchen …zu ernten“. Allerdings ist es der guten forstlichen Praxis nicht möglich Quartierbäume zu erkennen. Der Förster wird nur an manchen Bäumen Löcher sehen, kann aber keinesfalls Quartiere feststellen, die nur unter grossem Aufwand gefunden werden können. Und laut unserem Experten gingen genau unter diesen jetzt entnommenen, überschirmenden Buchen die Fledermäuse auf die Jagd, da sich dort Insekten sammeln. Der Reduktion der Buchen auf kümmerliche 20% fielen unweigerlich (noch) unbekannte Quartiere zum Opfer. Ebenso kann man nicht mehr von einem geschlossenen Kronendach sprechen. Wieviel Lebensraum die taktierenden Fledermausweibchen brauchen, können Sie der Karte entnehmen.
Wir können nur dazu aufrufen, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, auch wenn wir hier Vorher-Nachher-Bilder veröffentlichen.
Konkret ist dies aber keine Kritik „am Forst“. Dort wurde über 100 Jahre richtig gehandelt, sonst hätte sich dieser Lebensraum nicht zu einem Hot- Spot der Artenvielfalt entwickeln können.
Konkret fordert der Verein aber die Bürgermeister und Gemeinderäte zum Umdenken auf eine zeitgemäße Waldwirtschaft auf:
Sorgen Sie für eine konsequente Sicherung des Fledermaus-Hotspots im Weinheimer-Lützelsachsener Wald. Diese Waldbereiche zwischen Drei-Märker und Geiersberg sind für mindestens 10 Jahre von jeglicher Forstbewirtschaftung auszunehmen. Um die einzelnen bekannten Quartierbäume müssen Habitatbaumgruppen und Waldbiotope als geschützter Lebensraum entstehen. In 10 Jahren ist die Situation auf der Grundlage dann aktueller Fledermausuntersuchungen einschließlich der Quartierbaumsuche zu überprüfen und gegebenenfalls die Aussetzung der Bewirtschaftung fortzusetzen.
Diese Maßnahme entspricht dem von den Vereinten Nationen geforderten Schutz der Biodiversität, der Artenvielfalt, insbesondere dort wo sie heute noch sehr hoch ist oder besonders gefährdete Arten vorkommen. Die einseitige Ökonomie der Holzernte muss vor der Ökologie des Artenschutzes zurückstehen. Gleichzeitig müssen konsequent Förderprogramme des Landes für Waldbiotope abgerufen werden.
Gegenwind Weinheim e.V. (gemeinnützig)
Eindrücke aus dem Fledermauswald vor dem Holzeinschlag…
Eindrücke aus dem Fledermauswald nach dem Holzeinschlag…