Seit nunmehr fast zwei Jahren wird über den Stand des Verfahrens zur teilweisen Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes an der Weinheimer Bergstraße der Deckmantel des Schweigens gehüllt. Dabei wäre gerade die Entscheidung der Unteren Naturschutzbehörde ausschlaggebend und damit überaus interessant für die Bürger.
Der Verein Gegenwind Weinheim hat deshalb in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Bernhard, den 1. Bürgermeister Dr. Fetzner, den Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, sowie die Stadträte, um Klarheit in einigen seit langem offenen Fragen gebeten.
Status Teilflächennutzungsplan Wind 10.7.2018
Sehr geehrter Damen und Herren,
das Verfahren hinsichtlich der drohenden Ausweisung von Konzentrationszonen für Windindustrieanlagen an der Weinheimer Bergstraße zieht sich seit mehr als sechs Jahren immer weiter in die Länge. In der Weinheimer Bürgerschaft wächst die Sorge, dass hier spätestens in den letzten Monaten erheblich an ihr vorbeigearbeitet wird. Dieser Zustand ist aus Sicht des Vereins Gegenwind Weinheim nicht akzeptabel und muss sich ändern! Es ist Interesse des Vereins und auch satzungsgemäß dessen Aufgabe, für sachliche Transparenz zu sorgen und die Bürgerschaft zum Thema entsprechend zu informieren.
Vor inzwischen mehr als 3,5 Jahren beantragte die Stadt Weinheim bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) die teilweise Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes (LSG) im UNESCO Global Geopark Bergstraße-Odenwald im Bereich des Geiersberg/Goldkopf (Freibereich FB4); unauffälliger formuliert als „Zonierung des Landschaftsschutzgebietes“ im FB4.
Nach einer Reihe von Untersuchungen, Gesprächen, Abwägungen und stetig gewachsenen Erkenntnissen hat die UNB ca. Mitte 2016 offensichtlich eine der teilweisen Aufhebung des Landschaftsschutzgebietes gegenüber ablehnende Position eingenommen. Auch wenn diese negative Entscheidung bisher nicht offiziell bestätigt wurde war dieser Sachverhalt aus den massiven Rettungsversuchen der Stadt klar abzulesen. Pikant dabei insbesondere die Tatsache, dass mit dem Landtagsabgeordneten Sckerl gerade ein Befürworter der Windindustrie an der Bergstraße mit der Aufgabe betraut wurde, in Stuttgart beim gleichgesinnten grünen Umweltministerium die Situation im Sinne der Stadtverwaltung zu klären (RNZ 26.10.2016). Von der Stadt wurde über diese Vorgänge nie offen kommuniziert, allerdings berichteten die Weinheimer Nachrichten am 20.10.2016 ausführlich über die Kritik des Vereins Gegenwind Weinheim.
Die Bemühungen von Herrn Sckerl führten dann zu einem Fachaufsichtsgespräch von Vertreter der Stadt Weinheim mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe, das am 16.10.2017 in Karlsruhe stattfand. Auch hierüber ist nach inzwischen 9 Monaten nicht ein öffentliches Wort verloren worden! Gelebte Transparenz – auch im Sinne des Informationsfreiheits-gesetz – sieht anders aus …
Einen weiteren Aspekt gilt es zu beachten: das seit 2018 auch in Baden-Württemberg anzuwendende sogenannte Interimsverfahren zur Prognose von Schallemissionen führt allgemein zu größeren Schutzabständen zwischen den mittlerweile über 200m hohen Windindustrieanlagen und den Anwohnern. Das frühzeitige, mittlerweile 6 (!) Jahre alte Planungsverfahren durch das Büro Fischer aus dem Jahr 2012 mit dem nach badenwürttembergischen Winderlass minimal möglichen Schutzabstand von 700m ist demnach realistisch nicht haltbar und macht Weinheim zu einer Enklave mit dem geringsten Schutzabstand für die Anwohner innerhalb der Metropolregion.
Der allerorten übliche Verweis auf ein „laufendes Verfahren“ mag zwar richtig sein, aber erweckt doch den deutlichen Anschein des Versteckens und Ausgrenzens der Bürger in einem so wichtigen Thema. In der Regel sind die Würfel gefallen, bevor die Öffentlichkeit einbezogen wird und wirkliche Reaktionsmöglichkeiten gibt es dann keine mehr.
Der Verein Gegenwind Weinheim fordert daher nach dem Informationsfreiheitsgesetz Auskunft und Klarheit zu folgenden Fragen:
- Gibt es eine Entscheidung der Unteren Naturschutzbehörde zum Antrag der Stadt Weinheim über eine „Zonierung des LSG“ im Bereich FB4 Mitte und wie sieht sie aus?
- Wie sähe die Reaktion der Stadt bei einer negativen Entscheidung der UNB zur „Zonierung des LSG“ im Bereich FB 4 Mitte aus?
- Würde die Stadt die Planungen einstellen oder würde dann weiter nach alternativen Konzentrationszonen auf Gemeindegebiet gesucht werden?
- Gibt es Analysen der Stadt Weinheim über die Auswirkungen des sog. Interimsverfahren zur Prognose von Schallimmissionen auf die Realisierbarkeit eines Windparks im FB4 Mitte? Wie will die Stadt Weinheim die neuen Erkenntnisse zum Schutzabstand für die Anwohner anwenden?
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Kraus
Vorsitzender BI
Gegenwind Weinheim e.V. (gemeinnützig)
www.gegenwind-weinheim.de